Mitochondrien aufbauen: 18 Strategien für mehr Zellenergie

Veröffentlicht am: Juli 30, 2024
Dr. med. Wolfgang Bachmann
Dr. med. Wolfgang Bachmann

Allgemeinmediziner

Mitochondrien produzieren rund 90 % der Energie, die unsere Zellen benötigen. Ohne diese kleinen, aber kraftvollen Organellen könnten unsere Zellen ihre grundlegenden Funktionen nicht erfüllen. Doch was passiert, wenn unsere Mitochondrien schwächeln? Symptome wie chronische Müdigkeit, Muskelschwäche, Konzentrationsprobleme und ein geschwächtes Immunsystem können darauf hindeuten, dass unsere Mitochondrien Unterstützung brauchen. Aber das ist noch nicht alles: Vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten haben Forscher erkannt, wie wichtig die Funktion der Mitochondrien für die Gesundheit ist. Mitochondriale Dysfunktion gehört zu den auslösenden Faktoren für einige der häufigsten Krankheiten. Dazu gehören Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, metabolisches Syndrom, Krebs und Alzheimer.
Zum Glück gibt es aber zahlreiche Möglichkeiten, unsere Zell-Kraftwerke zu stärken.

Inhalt

Was sind Mitochondrien?

Mitochondrien sind winzige Strukturen in unseren Zellen, die wie kleine Kraftwerke funktionieren. Sie produzieren Energie aus den Nährstoffen, die wir mit der Nahrung aufnehmen. Diese Energie wird in Form eines speziellen Moleküls namens ATP (Adenosintriphosphat) gespeichert, das die Zellen wie eine aufgeladene Batterie antreibt.

Der Prozess, bei dem die Mitochondrien ATP herstellen, wird als Zellatmung bezeichnet. Da die Mitochondrien etwa 90 Prozent des gesamten ATP im Körper produzieren, werden sie oft als „Kraftwerke der Zelle“ bezeichnet.

Wenn die Mitochondrien optimal funktionieren, versorgen sie die Zellen effizient mit Energie, sodass biologische Prozesse reibungslos ablaufen können. Arbeiten die Mitochondrien jedoch nicht richtig, häufen sich Schäden an und die Zellprozesse werden gestört. Diese mitochondriale Dysfunktion, die durch die Anhäufung von Schäden verursacht wird, ist eines der Merkmale des Alterns.

Zusammengefasst heißt das: Mitochondrien sind entscheidend für die Energieversorgung unserer Zellen. Sie wandeln Nährstoffe in ATP um, das die Zellen für ihre Arbeit benötigen. Wenn sie optimal funktionieren, unterstützen sie die Gesundheit und Leistungsfähigkeit unserer Zellen, während Fehlfunktionen zu Problemen und Anzeichen des Alterns führen können.

 


Mitochondriale Fehlfunktionen in Immunzellen führen zu chronischen Entzündungen, die das Altern beschleunigen


Warum ist der Aufbau der Mitochondrien so wichtig?

Unsere Mitochondrien produzieren die Energie, die unsere Zellen benötigen. Diese Energie wird für viele lebenswichtige Funktionen benötigt:

  • Zellteilung und Wachstum: Zellen müssen sich teilen und wachsen, um alte oder beschädigte Zellen zu ersetzen und das Wachstum des Körpers zu unterstützen.
  • Proteinproduktion: Zellen produzieren Proteine, die für den Aufbau und die Reparatur von Gewebe sowie für viele biochemische Prozesse benötigt werden.
  • Transport von Molekülen: Zellen müssen Nährstoffe, Abfallstoffe und andere Moleküle in die Zelle hinein und aus ihr heraus transportieren.
  • Signalübertragung: Zellen kommunizieren über chemische Signale miteinander, um verschiedene Körperfunktionen zu koordinieren.
  • Muskelkontraktion: Muskelzellen benötigen Energie, um sich zusammenzuziehen und Bewegungen zu ermöglichen.
  • Nervenimpulse: Nervenzellen benötigen Energie, um elektrische Signale auszusenden und Informationen durch den Körper zu transportieren.
  • Entgiftung und Abwehr: Zellen benötigen Energie, um schädliche Stoffe abzubauen und das Immunsystem zu unterstützen.

Gibt es jedoch Probleme bei der Energieproduktion, entstehen schädliche Nebenprodukte, sogenannte reaktive Sauerstoffspezies (ROS). Das sind aggressive Sauerstoffmoleküle, die in großen Mengen die Mitochondrien und andere Zellteile schädigen können.

Wenn die Mitochondrien nicht richtig funktionieren, können nach und nach alle wichtigen Prozesse in unserem Körper gestört werden. Das bedeutet, dass nicht nur die Energieproduktion leidet, sondern auch viele andere wichtige Funktionen im Körper beeinträchtigt werden.

Durch die Stärkung der Mitochondrien und die Verbesserung ihrer Effizienz bei der Energieproduktion kann die Entstehung dieser schädlichen Nebenprodukte verhindert werden. Das hilft den Zellen, gesund zu bleiben und ihre Aufgaben besser zu erfüllen. Gesunde Mitochondrien tragen somit zu einem gesünderen Alterungsprozess bei.

18 Methoden zum Aufbau und zur Stärkung der Mitochondrien

Die Optimierung der mitochondrialen Funktion kann die allgemeine Gesundheit und Langlebigkeit fördern. Hier sind 18 wirksame Methoden, um die Mitochondrien zu stärken und ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern.

Ernährung und Fasten

1. Kalorienreduktion

Durch die Reduzierung der Kalorienzufuhr, beispielsweise durch Fasten, wird der Körper gezwungen, effizienter mit Energie umzugehen. Dies führt zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Mitochondrien. Eine Kalorienreduktion verbessert die Aktivität der Elektronentransportkette (eine Reihe von Proteinen in den Mitochondrien, die Elektronen transportieren und dabei Energie freisetzen, um ATP zu produzieren) in den Mitochondrien, reguliert die Produktion schädlicher reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) und fördert die Erneuerung beschädigter Mitochondrien durch Autophagie (der Prozess, bei dem die Zelle beschädigte Bestandteile abbaut und recycelt).

2. Ketogene Ernährung

Eine ketogene Ernährung, die reich an Fetten und arm an Kohlenhydraten ist, erhöht die Produktion von Ketonkörpern. Diese Ketonkörper dienen als effiziente Brennstoffquelle für die Mitochondrien und können die antioxidative Abwehr stärken. Dadurch wird die mitochondriale Biogenese gefördert und die allgemeine Funktion der Mitochondrien verbessert.

3. Intermittierendes Fasten

Intermittierendes Fasten, bei dem längere Pausen zwischen den Mahlzeiten eingelegt werden, kann die mitochondriale Funktion ähnlich wie eine Kalorienreduktion verbessern. Es hilft, die ROS-Produktion zu regulieren und fördert die Autophagie, wodurch beschädigte Mitochondrien entfernt werden und die Gesundheit der Zellen unterstützt wird.

 

Nährstoffe und Nahrungsergänzungsmittel

4. Mitochondriale Nährstoffe

Bestimmte Nährstoffe wie B-Vitamine, Mineralstoffe, Polyphenole, L-Carnitin, Alpha-Liponsäure, Coenzym Q10, Pyrrolochinolinchinon und Kreatin unterstützen die Enzymaktivität der Mitochondrien, verbessern die zelluläre antioxidative Abwehr und schützen vor Oxidation. Diese Nährstoffe können als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden oder sind in natürlichen, unverarbeiteten Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Nüssen, Samen, Meeresfrüchten und Fleisch enthalten.

5. Unterstützung von NAD+

NAD+ ist ein für die ATP-Produktion essenzielles Molekül. Die Unterstützung des NAD+-Stoffwechsels kann die mitochondriale Funktion fördern und altersbedingten Krankheiten vorbeugen. Durch die Einnahme von NAD+-Vorstufen wie Nicotinamid-Ribosid oder Nicotinamid-Mononukleotid (NMN) kann der NAD+-Spiegel im Körper erhöht werden.

6. Supplementierung mit Adaptogenen

Adaptogene wie Rhodiola rosea, Ashwagandha und Ginseng können die Stressresistenz des Körpers erhöhen und die Mitochondrienfunktion unterstützen. Diese Kräuter helfen, die Energieproduktion zu optimieren und die allgemeine Zellgesundheit zu verbessern.

Bewegung und körperliche Aktivität

7. Regelmäßige Bewegung

Regelmäßiges Training verbessert die Mitochondrienfunktion, erhöht die ATP-Produktion und verzögert den altersbedingten Abbau der Muskelmasse. Durch körperliche Aktivität werden mehr Mitochondrien in den Muskelzellen gebildet, was die Fähigkeit der Muskeln zur Energiegewinnung erhöht. Besonders effektiv ist aerobes Training (Ausdauertraining wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen), da es die Anzahl und Effizienz der Mitochondrien in den Muskelzellen erhöht und die kardiovaskuläre Gesundheit fördert.

 

Licht- und Umwelteinflüsse

8. Kälteexposition

Kalte Duschen oder Kryotherapie erhöhen die mitochondriale Aktivität und Biogenese (Produktiuon von Mitochondrien) durch Wärmeproduktion in der Skelettmuskulatur und im braunen Fettgewebe. Wenn der Körper Kälte ausgesetzt ist, versucht er, seine Temperatur zu regulieren. Dies geschieht auf zwei Arten:

  • Zittern: Die Skelettmuskeln ziehen sich schnell und unwillkürlich zusammen, um Wärme zu erzeugen. Dieser Prozess erfordert Energie, die von den Mitochondrien bereitgestellt wird, wodurch deren Aktivität erhöht wird.
  • Aktivierung des braunen Fettgewebes: Das braune Fettgewebe (BAT) ist darauf spezialisiert, Wärme zu erzeugen, ohne zu zittern, indem es Fettzellen direkt in Wärme umwandelt. Diese Wärmeproduktion erfordert ebenfalls Energie, die von den Mitochondrien produziert wird.

Durch diese Mechanismen steigert eine Kälteexposition die Produktion der Mitochondrien und verbessert ihre Fähigkeit, Energie zu erzeugen und zu speichern, was letztlich die Leistungsfähigkeit der Zellen erhöht und zur allgemeinen Gesundheit beiträgt.

9. Wärmeexposition

Die Hitzebelastung, wie sie durch regelmäßige Saunagänge oder heiße Bäder erreicht wird, kann positive Anpassungsreaktionen in den Mitochondrien auslösen. Wenn der Körper Hitze ausgesetzt ist, wird ein leichter Stress auf die Zellen ausgeübt, der eine Reihe von Anpassungsmechanismen aktiviert:

  • Erhöhte Hitzeschockproteine: Diese Proteine helfen den Zellen, sich vor stressbedingten Schäden zu schützen, und unterstützen die Reparatur geschädigter Proteine. Sie tragen zur Stabilisierung und Funktionserhaltung der Mitochondrien bei.
  • Verbesserte Durchblutung: Wärmeexposition fördert die Durchblutung und erhöht die Sauerstoffzufuhr zu den Zellen, was die Effizienz der Mitochondrien bei der Energieproduktion verbessert.
  • Erhöhte mitochondriale Biogenese: Ähnlich wie bei Kälteexposition führt wiederholte Hitzeexposition zur Produktion neuer Mitochondrien, was die Fähigkeit der Zellen zur Energieproduktion erhöht.
    Durch diese Anpassungen wird die Funktionsfähigkeit der Mitochondrien verbessert, die Ausdauerleistung gesteigert und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringert.

10. Sonnenlicht und Vitamin D

Vitamin D, das durch Sonnenlicht in der Haut gebildet wird, ist für die Aktivität und Biogenese der Mitochondrien notwendig. Ausreichend Sonnenlicht unterstützt daher die Mitochondrienfunktion und trägt zur allgemeinen Gesundheit bei.

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11. Rot-/Nahinfrarot-Therapie

Durch diese Therapie wird die Effizienz der Elektronentransportkette und die Energieproduktion in den Mitochondrien verbessert. Rot- und Nahinfrarotlicht kann die Zellfunktion und die antioxidative Abwehr stärken, was verschiedene gesundheitliche Vorteile mit sich bringt.

 

Entspannung und Stressbewältigung

12. Schlaf

Guter Schlaf hilft, die Mitochondrien gesund zu erhalten, indem Stoffwechselabfallprodukte aus dem Gehirn abtransportiert werden. Während des Schlafs durchlaufen die Mitochondrien Reparaturprozesse, die ihre Leistungsfähigkeit und Funktionalität erhalten.

13. Entspannungstechniken

Techniken wie Meditation, Yoga, Tai Chi oder Atemübungen können die Auswirkungen von Stress auf die Mitochondrien verhindern und ihre Gesundheit fördern. Sie reduzieren die Produktion von Stresshormonen, die die Mitochondrien schädigen können, und verbessern die allgemeine Zellgesundheit.

 

Allgemeine Gesundheit und Lebensstil

14. Toxine vermeiden

Eine geringere Belastung durch Umweltgifte kann die Mitochondriengesundheit verbessern. Toxine wie Schwermetalle, Pestizide und bestimmte Chemikalien können die Mitochondrien schädigen und ihre Funktion beeinträchtigen.

15. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr

Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig für einen optimalen Zellstoffwechsel und die Funktion der Mitochondrien. Dehydration kann die mitochondriale Aktivität beeinträchtigen, daher ist es wichtig, ausreichend Wasser zu trinken.

16. Gesunder Darm

Eine gesunde Darmflora durch Probiotika, Präbiotika und eine ballaststoffreiche Ernährung kann sich positiv auf die Mitochondrien auswirken. Ein gesunder Darm fördert die Aufnahme wichtiger Nährstoffe, die die Mitochondrien benötigen.

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17. Mitophagie fördern

Mitophagie ist der Prozess, bei dem beschädigte Mitochondrien von der Zelle abgebaut und recycelt werden. Dieser Prozess ist für die Aufrechterhaltung der Qualität und Funktionalität der Mitochondrien äußerst wichtig. Werden beschädigte Mitochondrien nicht rechtzeitig entfernt, können sie die Zellfunktion beeinträchtigen und zu erhöhtem oxidativen Stress führen. Verbindungen wie Spermidin, das in Lebensmitteln wie Weizenkeimen, Sojabohnen und bestimmten Käsesorten vorkommt, können die Mitophagie fördern und so die Gesundheit der Mitochondrien verbessern. Eine regelmäßige Stimulierung der Mitophagie trägt dazu bei, die Zellen leistungsfähig und gesund zu erhalten.

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18. Hormesis

Hormesis ist ein Konzept, wonach kleine Mengen an Stress gut für den Körper sein können. Während große Mengen an Stress schädlich sind, können kleine Mengen helfen, den Körper stärker und widerstandsfähiger zu machen.

Wie funktioniert Hormesis?
  • Milde Stressoren: Dinge wie leichter Sauerstoffmangel (Hypoxie) durch z.B. Höhentraining oder bestimmte Pflanzenstoffe (z.B. Resveratrol, das in Trauben und Rotwein vorkommt) setzen den Körper einem leichten Stress aus.
  • Zelluläre Reparaturmechanismen: Dieser leichte Stress aktiviert die natürlichen Reparaturmechanismen der Zellen. Die Zellen reagieren, indem sie ihre Abwehrkräfte verstärken und sich selbst reparieren.
  • Verbesserte Mitochondrienfunktion: Durch diese Reaktion werden die Mitochondrien widerstandsfähiger und effizienter. Sie können besser Energie produzieren und sind weniger anfällig für Schäden.

 


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