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Heute nehmen doppelt so viele Senioren Antidepressiva ein wie noch vor 20 Jahren. Welche Ursache und Nebenwirkungen dieser Trend hat, erfahren Sie in diesem Artikel.
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Depressionen treten häufig bei Senioren auf. Etwa zwei Prozent der 55-Jährigen leiden daran. Mit zunehmenden Alter betrifft die Krankheit mehr und mehr Menschen. Zusätzlich kämpfen zwischen zehn und 15 Prozent der Menschen in dieser Altersgruppe mit depressiven Symptomen, auch wenn möglicherweise keine schwere Depression diagnostiziert wird.
Abgesehen davon lässt sich in den letzten zwei Jahrzehnten ein starker Anstieg der verschriebenen Antidepressiva für Senioren verzeichnen, ohne dass jedoch die Zahl der Depressionserkrankungen in ähnlichem Maße zugenommen hat. Dies sind die Ergebnisse einer Studie, die im Fachmagazin „The British Journal of Psychiatry“ veröffentlicht wurden.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass älteren Menschen eventuell zu viele Antidepressiva verschrieben werden, was schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben könnte. Die Forscher gingen jedoch nicht so weit und schlussfolgerten, „dass älteren Patienten tatsächlich unnötig Antidepressiva verschrieben werden.“
Forscher analysierten Daten aus zwei englischen Kohortenstudien mit 15.397 Personen, um zu ermitteln, ob sich das Auftreten von Depressionen und der Einsatz von Antidepressiva von 1990 bis 2011 bei Menschen ab 65 Jahren verändert hat. Die Studien wurden von 1991 bis 1993 sowie von 2008 bis 2011 durchgeführt.
In der ersten Studie nahmen 4,2 Prozent der Erwachsenen Antidepressiva ein. Dieser Wert stieg in der Folgestudie auf 10,7 Prozent. Im genannten Zeitraum sank die Zahl der Depressionserkrankungen leicht von 7,9 auf 6,8 Prozent. Interessant ist, dass der Prozentsatz an Senioren, die an Depressionen leiden und in Pflegeheimen leben, unverändert blieb, jedoch die Verwendung von Antidepressiva von 7,4 auf 29,2 Prozent anstieg.
Es gab einige Erklärungsansätze, warum die Verschreibungsrate für Antidepressiva so stark gestiegen ist, ohne dass ein ähnlicher Anstieg der Depressionserkrankungen verzeichnet werden konnte. Dazu gehörten auch Überdiagnosen oder das Verschreiben von Antidepressiva für andere Erkrankungen als Depressionen. Im Ergebnis zeigte sich, dass die meisten Antidepressiva nicht aufgrund einer diagnostizierten Depression verschrieben wurden.
Der leitende Studienautor Antony Arthur, Ph.D. der University of East Anglia in Norwich in Großbritannien, erklärte gegenüber Medscape: „Manchmal werden Antidepressiva zur Behandlung leichter Depressionen gegeben, die sich außerhalb unserer Definition von Depressionen befinden. Zahlreiche Beweise belegen die Wirksamkeit von Antidepressiva für Menschen mit mittelschweren oder schweren Depressionen. Antidepressiva werden zudem zur Behandlung anderer Erkrankungen eingesetzt, z.B. neuropathischer Schmerzen und Schlafstörungen.“
Er fügte hinzu, dass Möglichkeiten, Antidepressiva abzusetzen, nicht übersehen werden sollten. „Unabhängig davon, warum Antidepressiva verschrieben werden, hat der verstärkte Einsatz nicht zu einem Rückgang von Depressionen in der Altersgruppe ab 65 Jahren geführt. Über die Ursachen von Depressionen bei älteren Menschen, Faktoren, die zur Aufrechterhaltung beitragen, sowie Möglichkeiten zur Bewältigung wissen wir immer noch sehr wenig. Diese Fragen verdienen mehr Aufmerksamkeit.“
Eine weitere Studie wurde 2017 im Magazin „World Psychiatry“ veröffentlicht. Wissenschaftler überprüften dafür Daten aus Australien, Kanada, England und den USA aus den Jahren 1990 bis 2015. Sie kamen ebenfalls zu dem Schluss, dass „die Häufigkeit von Stimmungs- und Angststörungen sowie entsprechenden Symptomen trotz einer erheblichen Ausweitung des Behandlungsangebots und insbesondere der verstärkten Gabe von Antidepressiva nicht abgenommen habe.“
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Bei Depressionen handelt es sich um ernste psychische Erkrankungen, die mit vielen negativen Folgen für Senioren einhergehen. Neben dem zunehmenden persönlichem Leid, das den Betroffenen widerfährt, stehen Depressionen in Verdacht, das Risiko für den Verfall kognitiver Fähigkeiten, Demenz, schlechtes Abschneiden bei medizinischen Tests, Selbstmord sowie eines vorzeitigen Todes zu erhöhen.
Die Richtlinien der American Psychiatric Association legen nahe, dass eine optimale Behandlung von Depressionen neben der Psychotherapie auch Antidepressiva umfassen sollte. Die meisten Menschen in dieser Altersgruppe, die sich wegen einer Depression in Behandlung befinden (viele verzichten darauf), erhalten jedoch nur Antidepressiva. Bei Einnahme dieser Medikamente bestehen eine ganze Reihe von Risiken.
So erhöht sich beispielsweise das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Dies gilt selbst dann, wenn die Daten um andere Risikofaktoren wie den Body Mass Index (BMI) bereinigt wurden. Die Verwendung von Antidepressiva konnte zudem mit einer Verdickung der Arterien in Verbindung gebracht werden, was das Risiko von Herzerkrankungen und Schlaganfällen erhöhen könnte.
Die Medikamente stehen ferner im Zusammenhang mit Demenz. Die Forscher stellten fest, dass „die Behandlung mit SSRI, MAOI, heterozyklischen und anderen Antidepressiva mit einem erhöhten Demenzrisiko einhergeht.“ Mit zunehmender Dosis steige auch das Risiko.
Die Mittel entziehen dem Körper darüber hinaus verschiedene Nährstoffe. Trizyklische Antidepressiva entziehen beispielweise Coenzym Q10 und Vitamin B12, die für das einwandfreie Arbeiten der Mitochondrien benötigt werden. SSRI können dem Körper Calcium, Folsäure und andere wichtige Nährstoffe entziehen. Bestimmte Risiken gelten ausschließlich für ältere Erwachsene und treten nicht unbedingt bei jüngeren Erwachsenen auf.
Gemäß einer Studie, die in der Zeitschrift „Expert Review of Neurotherapeutics“ veröffentlicht wurde, „bestehen besondere Bedenken, dass Antidepressiva das Risiko von Stürzen, Osteoporose und Frakturen erhöhen... Antidepressiva gehen mit Nebenwirkungen und Risiken einher, von denen einige unmittelbar beobachtet werden können, während andere sich erst nach längerer Zeit bemerkbar machen.“
So ergab eine Studie aus dem Jahr 2015 mit Frauen in der Perimenopause, dass die Knochenbruchrate im ersten Jahr der Einnahme von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) um 76 Prozent stieg im Vergleich zu Frauen, die mit H2-Antagonisten oder Protonenpumpenhemmern (Medikamente bei Verdauungsstörungen) behandelt wurden. Nach zwei Jahren Behandlung war die Frakturrate 73 Prozent höher.
Darüber hinaus nahmen zwischen 1988 und 2010 39 Prozent der Menschen in der Altersgruppe ab 65 Jahren täglich mindestens fünf verschreibungspflichtige Medikamente ein. Für das Jahr 2019 gehen die Forscher davon aus, dass 43 Prozent sogar acht oder mehr Mittel einnehmen, 24 Prozent der Senioren gar bis zu zehn Medikamente pro Tag. Dabei können zahlreiche Gegenanzeigen auftreten, die neue Risiken mit sich bringen. 2015, als die erste Studie veröffentlicht wurde, waren die Wissenschaftler überzeugt, dass die Zunahme zumindest teilweise durch den steigenden Einsatz von Antidepressiva verursacht wurde.
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Studien haben wiederholt gezeigt, dass Antidepressiva bei leichten bis mittelschweren Depressionen nicht besser wirken als Placebo. Das bedeutet, dass ältere Menschen möglicherweise ernsthafte Risiken eingehen und im Gegenzug nur eine sehr geringe Chance haben, dass die Mittel irgendeinen Nutzen bringen.
In einer anderen Studie, die die Überverschreibung von Antidepressiva bei älteren Erwachsenen dokumentierte, fanden Forscher heraus, dass sie oft ohne das Vorliegen einer schweren depressiven Störung (MDD) verschrieben wurden, obwohl sie für solche Zwecke nicht vorgesehen sind und dementsprechend nicht wirken. Die Forscher schlussfolgerten:
„Ärzte, Therapeuten sowie die allgemeine Öffentlichkeit sehen in Depressionen zunehmend ein medizinisches Problem, das unbedingt behandelt werden muss. Alle sollten sich jedoch darüber im Klaren sein, dass Antidepressiva für depressive Symptome, die nicht den Kriterien einer MDD entsprechen, nicht förderlich sind, die potenziellen Nebenwirkungen und Kosten jedoch bestehen bleiben – unabhängig davon, ob tatsächlich eine MDD vorliegt.“
Selbst bei Patienten mit schweren Depressionen wurde der Unterschied hinsichtlich der Wirksamkeit von Antidepressiva und Placebo als „relativ klein“ beschrieben. Irving Kirsch, stellvertretender Direktor für die Durchführung von Placebo-Studien an der Harvard Medical School, führte mehrere Meta-Analysen durch, in denen er den Einsatz von Antidepressiva mit Placebo verglich. Er kam zu dem Schluss, dass es praktisch keinen Unterschied in ihrer Wirksamkeit gebe.
Kirsch berichtete: „Der Unterschied ist so gering, dass er klinisch nicht relevant ist.“ In einem Artikel aus dem Jahr 2014 schrieb er:
„Die Wirkung von Antidepressiva beruht darauf, dass sie ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn beseitigen sollen, das insbesondere durch einen Mangel an Serotonin entsteht. Tatsächlich wird ihre vermeintliche Wirksamkeit als primären Beweis für die Theorie des chemischen Ungleichgewichts angesehen.
Allerdings zeigen Analysen von veröffentlichten Daten sowie unveröffentlichten Informationen, die Pharmaunternehmen gern unter Verschluss halten, dass die meisten (wenn nicht sogar alle) Vorteile dieser Mittel auf den Placebo-Effekt zurückzuführen sind.
.... Selbst der kleine statistische Unterschied, der zwischen Antidepressiva und Placebo besteht, könnte ein verstärkter Placebo-Effekt sein, da die meisten Patienten und Ärzte sich in klinischen Studien erfolgreich blenden lassen.... Anstatt Depressionen zu heilen, können beliebte Antidepressiva eine Art biologische Verwundbarkeit hervorrufen, die dazu führt, dass diese Menschen in Zukunft eher Depressionen entwickeln...“
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Eine Depression ist immer eine ernstzunehmende Erkrankung, die unbedingt einer wirksamen Behandlung bedarf. Viele Senioren setzen ihre Hoffnungen auf eine Verbesserung ihrer Stimmung und die Linderung ihrer Depression auf Medikamente, die jedoch einfach nicht wirken. Wichtig ist sich bewusst zu werden, dass noch andere Behandlungsmöglichkeiten existieren. Körperliche Bewegung ist eine davon.
In einer 11-jährigen Studie zeigte sich, dass die Probanden, die regelmäßig einmal pro Woche in ihrer Freizeit eine Stunde Sport trieben, seltener an Depressionen litten. Eine Meta-Analyse von 33 Studien mit 1.877 Probanden zeigte zudem, dass Krafttraining zu einer signifikanten Reduktion von depressiven Symptomen führte, und zwar unabhängig vom Gesundheitszustand des Teilnehmers, seinen individuellen Trainingsfortschritten oder der Häufigkeit der Krafttrainingseinheiten.
Nach Aussage von Brett Gordon, Hauptautor der Studie und Doktorand am Institut für Sport und Sportwissenschaften der University of Limerick in Irland, wurden die größten Verbesserungen bei Menschen beobachtet, die Symptome einer leichten bis mittelschweren Depression aufwiesen – im Gegensatz zu Menschen ohne Depressionen. Das deutet darauf hin, dass Krafttraining für Menschen mit stärkeren depressiven Symptomen am effektivsten sein kann.
Die Forscher untersuchten zudem die Auswirkungen von Bewegung, insbesondere bei Senioren mit Depressionen. In einer Studie mit Senioren, die an Depressionen litten, erlebten 80 Prozent eine signifikante Reduktion ihrer depressiven Symptome nach zehn Wochen Krafttraining. Diese Beobachtung veranlasste die Forscher zu dem Schluss, dass „Progressives Widerstandstraining ein wirksames Antidepressivum bei Senioren mit Depressionen sei und gleichzeitig Kraft, Moral und Lebensqualität verbessert der Menschen verbessere.“
In einer weiteren Studie – ebenfalls mit Senioren mit Depressionen – freuten sich diejenigen, die über einen Zeitraum von acht Wochen drei Tage die Woche ein hochintensives Krafttraining durchführten, über Rückgang ihrer depressiven Symptome um 50 Prozent. Separate Untersuchungen zeigten, dass Krafttraining auch bei Senioren hispanischer/ lateinamerikanischer Abstammung für eine Minderung der depressiven Symptome sorgte. (Ausdauer-, Gleichgewichts- und Flexibilitätsübungen wirkten sich ebenfalls positiv auf die Stimmung aus.)
Ein weiterer Vorteil körperlicher Aktivität im Gegensatz zur Einnahme von Antidepressiva besteht darin, dass Sport weitere gesundheitliche Vorteile bietet, während die Medikamente die Gesundheit der Menschen zusätzlich gefährden. 2008 führten wir ein Interview mit Dr. James Gordon, Experte für die Mind-Body-Medizin, die Körper und Seele der Menschen in Einklang bringen möchte. Zur Heilung von Depressionen sagte er, dass körperliche Bewegung mindestens genauso gut wirke wie Antidepressiva.
Falls Sie an Depressionen leiden oder mit depressiven Symptomen zu kämpfen haben, suchen Sie sich Hilfe, beispielsweise bei einer Lebensberatung, einem Psychiater oder einem anderen Heilpraktiker. Nehmen Sie Ihre Beschwerden nicht als gegeben hin, sondern gehen Sie die ersten Schritte in Richtung eines besseren Lebens. Außerdem sollten Sie sich bewusst sein, dass Antidepressiva Risiken bergen. Dazu gehören u.a. ein erhöhtes Risiko Selbstmord oder Gewalttaten zu begehen. Diese Medikamente sind bei Weitem nicht die einzige verfügbare Behandlungsmethode.
In vielen Fällen können Bewegung, Schlaf und eine Ernährungsumstellung wahre Wunder wirken, insbesondere in Kombination mit einer Ernährungs- und Lichttherapie sowie energiepsychologischen Methoden, beispielsweise sogenannten Emotional Freedom Techniques (EFT). Nahrungsergänzungsmittel, einschließlich Magnesium, Omega-3 und B-Vitamine, können zusammen mit Vitamin D ebenfalls zur Wiederherstellung einer optimalen psychischen Gesundheit beitragen.
Sollten Sie tief in einer Depression gefangen sein, ist es nahezu unmöglich, sich selbst zu positiven Änderungen des eigenen Lebensstils zu bewegen. Leiden Sie bitte nicht im Verborgenen. Suchen Sie sich professionelle Hilfe, die Sie aus Ihrem Krisenmodus herausführen kann hin zu einer Denkweise, die es Ihnen ermöglicht, gesunde Veränderungen vorzunehmen.
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