Wie hängen Parodontitis und Diabetes zusammen?

Veröffentlicht am: Mai 24, 2024
Dr. med. Wolfgang Bachmann
Dr. med. Wolfgang Bachmann

Allgemeinmediziner

Wie hängen Parodontitis und Diabetes zusammen? 

Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass sich Parodontitis und Diabetes gegenseitig verstärken! Bei der Frage, wie diese beiden Volkskrankheiten zusammenhängen, muss erst geklärt werden, wie es zu einer Parodontitis kommt.

Wie entsteht Parodontitis?

Bei jeder Mahlzeit bleiben kleine Essensreste an den Zähnen hängen. Werden diese nicht gründlich und regelmäßig entfernt, entsteht ein Belag (Plaque). Genau dieser Belag begünstigt die Ansiedelung und Vermehrung von Bakterien in unserem Mundraum. Das bringt unsere gesamte Mundflora aus dem Gleichgewicht.  

Um die Bakterien loszuwerden, bekämpft sie unser Körper mithilfe des Immunsystems gnadenlos. Dabei kommt es zu Entzündungsreaktionen im Zahnfleisch und den Kieferknochen. Beide bilden sich mit der Zeit zurück und legen die Zahnhälse frei. Es entstehen sogenannte Zahnfleischtaschen, in denen sich die Bakterien pudelwohl fühlen.

Setzt sich die Entzündung fort, kommt es zu einer Zahnfleischinfektion – Parodontitis. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung des gesamten Zahnhalteapparats. Parodontitis führt dazu, dass sich das Zahnfleisch von den Zähnen löst, sodass Zahnfleisch, Knochen und Zähne geschädigt werden. Bei fortlaufender Krankheit kommt es zu Zahnverlust und weiteren schwerwiegenden Problemen.


 Jeder 2. Deutsche leidet inzwischen an Parodontitis!


Parodontitis begünstigt Diabetes

Wissenschaftler gehen davon aus, dass Parodontitis nicht nur für Zahnausfall, sondern auch für Typ-2 Diabetes oder einen Herzinfarkt verantwortlich ist.

  1. Bakterien führen zu einer starken Entzündung im Mundraum
  2. Verringerte Wirkung von Insulin durch Entzündungsmoleküle
  3. Blutzucker verbleibt im Blut und Blutzucker erhöht sich dadurch
  4. Erhöhte Insulinproduktion und Erschöpfung der Zellen
  5. Erhöhtes Risiko für Insulinresistenz und Diabetes

Bei einer fortgeschrittenen Parodontitis kommt es zu starken Entzündungen im gesamten Mundraum. Entzündungsmoleküle führen zu einer verringerten Wirkung von Insulin. Der Blutzucker gelangt schlechter an seinen Bestimmungsort – in die Körperzellen. Stattdessen verbleibt der Zucker im Blut und der Blutzucker erhöht sich. Der Körper versucht dies mit einer erhöhten Insulinproduktion auszugleichen. Dabei kann es aber dazu kommen, dass die Insulin-produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse erschöpfen. Als Konsequenz erhöht sich das Risiko für eine Insulinresistenz und dadurch für Diabetes enorm.

So entwickeln sich Nicht-Diabetiker zu Prä-Diabetikern, Prä-Diabetiker zu Diabetikern und gut eingestellte Diabetiker zu Diabetikern mit schlechter Blutzuckereinstellung.


Personen mit Parodontitis haben ein doppelt so hohes Risiko, an Diabetes zu erkranken!


Entzündungen natürlich bekämpfen

Aktuelle Studienlage

Studien belegen diese Aussagen. In einer finnischen Studie von 2018 stellte sich heraus, dass das Diabetesrisiko bei jenen Probanden, die an starker Parodontitis leiden, um bis zu 50 % höher war, als bei gesunden Probanden.

Des Weiteren gehen Wissenschaftlicher davon aus, dass sich Parodontitis und Diabetes gegenseitig verstärken, da Diabetes mit Wundheilungsstörungen einhergeht.

Forschungsergebnisse bestätigen das. So sollen Diabetiker ein 3x so hohes Risiko haben an Parodontitis zu erkranken als Gesunde. Parodontitis erhöht die Insulinresistenz und erschwert so die Einstellung des Blutzuckers. Außerdem leiden Diabetiker mit Parodontitis häufiger an Diabetes-Komplikationen.


Diabetiker haben wiederum ein dreifach erhöhtes Risiko, an Parodontitis zu erkranken!


Parodontitis – auch eine Gefahr fürs Herz?

Keime im Mund führen nicht nur zu Parodontitis, sie bedrohen den gesamten Körper, also auch unser Herz! Gelangen sie in den Blutkreislauf, können sie Entzündungen auslösen.

So belegte eine koreanische Studie, dass Menschen mit Parodontitis, ein um 15 % höheres Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Herztod haben. Im Vergleich dazu, senkte regelmäßiges Zähneputzen das Herzinfarktrisiko um 9 %.

Reduzieren Sie Ihr Risiko für Diabetes und Herzinfarkt noch heute

  • Gute Mundhygiene: Am besten, Sie beugen bereits vor und werden Zahnbelag frühzeitig mit regelmäßigem Zähneputzen und einer professionellen Zahnreinigung los.
  • Regelmäßige Kontrolle: Die deutsche Diabetesgesellschaft empfiehlt neben einer gründlichen Mundhygiene regelmäßige Zahnarztbesuche, um so das Risiko zu senken.
  • Entzündungen gezielt bekämpfen: Senken Sie Entzündungen in Ihrem Körper gezielt, beispielsweise mit Nahrungsergänzung.
  • Parodontitis Therapie: In einigen wissenschaftlichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass durch eine effektive parodontale Behandlung der Blutzuckerwert gesenkt und die Symptome gelindert werden konnten. Eine solche nicht-chirurgische Parodontitis Therapie wirkt sich somit positiv auf Personen mit Typ-2 Diabetes aus.

Experten schlagen zudem vor, Diabetes-Tests gezielt in Zahnarztpraxen durchzuführen, da schon alleine in Deutschland ca. 2 Millionen Menschen nicht wissen, dass sie an Diabetes erkrankt sind.

 

 


Quellen (in englischer Sprache):

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Taylor, G. W., Burt, B. A., Becker, M. P., Genco, R. J., Chlossman, M., Knowler, W. C. et al. (1996, October). Severe periodontitis and risk for poor glycemic control in patients with non-insulin-dependent diabetes mellitus. Journal of Periodontology, 67(10 Suppl):1085-93, doi: 10.1902/jop.1996.67.10s.1085

Emrich, L. J., Schlossman, M. & Genco, R. J. (1991, February). Periodontal disease in non-insulin-dependent diabetes mellitus. Journal of Periodontolgy, 62(2):123-31, doi: 10.1902/jop.1991.62.2.123

Mullymäki, V., Saxlin, T., Knuutila, M., Rajala, U., Keinänen-Kiukaanniemi, S., Anttila, S. & Ylöstalo, P. (2018, August). Association between periodontal condition and the development of type 2 diabetes mellitus—Results from a 15‐year follow‐up studyJournal of Clinical Periodontology, Volume 45, Issue 11, doi: 10.1111/jcpe.13005